Schritte
Schritte
Auf den ersten Blick scheint es trivial. Wir alle bewegen uns irgendwie und es gelingt uns meistens an die Stelle zu kommen, an die wir wollen, ohne das wir darüber nachdenken müssen.
Der Erfolg im Kampfsport hängt im wesentlichen davon ab, wie wir uns bewegen und wohin wir in Bezug zu der relativen Position des Gegners gehen. Jede Kampfsportart und im Fechten jede Waffe hat ein für sie optimales Bewegungskonzept.
Im Codex Belli ist das nicht anders.
Wir versuchen uns so zu bewegen, dass wir dem Gegenfechter möglichst wenig an Trefferfläche anbieten und gleichzeitig die besten Möglichkeiten zu erhalten ihn zu treffen.
Die Grundform für Schritte
Die Grundposition von der wir ausgehen:
– Beide Füße zusammen. Die Füße zeigen in Richtung des Gegners.
Wenn Dein Schild große genug ist – oder Du klein genug für Deinen Schild, dann kannst Du in dieser Position gut geschützt hinter Deinem Schild stehen.
Das geht natürlich nur im Codex Belli, in dem niemand mit großer Gewalt gegen Dich drücken oder stoßen wird. In anderen Kampfsportarten verlierst Du beim ersten Angriff sofort das Gleichgewicht.
Der Vorteil diese Fußposition: sie ist für alles offen. D.h. Du machst einen halben Schritt in jegliche Richtung und hast Deine Position in Relation zum Gegner soweit verändert, dass sein Angriff nicht mehr trifft, bzw. Dein Angriff ihn trifft und Dir stehen ohne großen Aufwand vier Richtungen zur Verfügung.
Du stehst also zunächst einmal vollkommen neutral.
Wenn Du einen ganzen Schritt machst, dann musst Du immer in diese Position vorbei. Es ist damit die typische Durchgangsposition. Jedesmal Mal, wenn Du Dich bewegst und hier vorbei kommst, hast Du die ganze Bandbreite an Möglichkeiten für Richtungswechseln und Entfernungswechsel. Darum ist es gut sich mit dieser Position zunächst einmal vertraut zu machen.
Aus dieser Position können und müssen wir die Waage nach links und rechts machen, damit wir einen Fuß bewegen können.
Aus dieser Position können wir auch das Rudern üben und ein Pendeln in alle vier Richtungen.
Dein Schild deckt Deine Brust und Deine Beine bis zu Deinen Knien.
Erfolgt ein Angriff nach oben, dann kannst Du den Schild leicht bis zu Kinn anheben.
Dein Schwert deckt den Oberkörper.
Ausgehend von dieser Position machen wir einen halben Schritt nach vorne oder nach hinten.
Machen wir einen Schritt nach vorne, dann kommen wir in eine Offensive Hut.
Machen wir einen Schritt nach hinten, dann sind wir in einer Defensiven Hut.

Ganzer Schritt
Von einem ganzen Schritt sprechen wir dann, wenn Du einen Schritt nach vorne oder nach hinten machst. Der Ganze Schritt sind zwei halbe Schritte. Du gehst mit dem hinteren Bein an der Stellung: Füße parallel vorbei (=1. Halber Schritt) und setzt den Fuß dann in einem Zug weiter nach vorne (2. Halber Schritt). Wichtig dabei ist das Bewußtsein, dass Du nach dem halben Schritt aufhören kannst weiter nach vorne zu gehen, wenn sich die Situation ändert.
Ein ganzer Schritt überwindet relativ viel Distanz und bei einem ganzen Schritt kommt es immer zu einem Auslagenwechsel.
Du wechselst also durch den Ganzen Schritt von der Offensiven in die Defensive Hut und umgekehrt.
Gleichzeitig veränderst Du Deine relative Position zum Gegner.
Natürlich musst Du den ganzen Schritt nicht gerade nach vorne machen, wie hier auf dem Bild dargestellt. Du kannst damit auch nach rechts oder links gehen.
Die Schrittweite ist sehr individuell und abhängig von Deiner Körpergröße und Deinen Gewohnheiten. Und die Schrittweite ist abhängig von dem was der Gegner macht und was Du gerade machen möchtest.

Schrittwechsel
Auch: Auslagenwechsel
Immer wenn Du von der Offensiven Hut in die Defensive Hut wechseln möchtest, ohne das sich Deine relative Position zum Gegner stark verändert.
Der Auslagenwechsel wird auch gerne mit einem weiten Schritt zur Seite genutzt um einen Angriff vorzubereiten oder einer Angriffsposition zu verändern.

Seitschritt
Andere Bezeichnung: Side Step
Immer wenn Du Dich nach rechts oder links bewegst ohne die Auslage wechseln zu wollen dann verwendest Du Seitschritte.
Auch hier gilt:
Wenn Dein Gegner sich bewegt und Du die Bewegung schnell mitmachen musst, dann bewegst Du den vorderen Fuß zuerst. Wenn Du Dich bewegst, so dass Dein Gegner folgen muss, dann bewegst Du den hinteren Fuß zuerst.
Fraglich ist, ob dabei über die Linie des vorderen Fußes getreten wird oder nicht. Die Frage ist also, ob Du einen Kreuzschritt machst. Im Historischen Fechten ist die Antwort ein klares Nein, da Dein Gegner Dich jederzeit mit viel Druck angreifen kann und Du deshalb jederzeit einen sicheren Stand haben musst. Da solche Angriffe im Codex Belli nicht gemacht werden, spricht hier nichts gegen Übertreten.
In der Linie: brauchst Du diesen Schritt bei den Kommandos: Links fällt, bzw. rechts fällt.
Der Seitschritt kann auch zum Ausweichen vor einem gegnerischen Angriff verwendet werden, wenn Du ihn zusammen mit einem Pendeln zur Seite nutzt. Der Seitschritt wird dann zu einem „Ausfall zur Seite„.

Step Schritt (Halber Schritt)
Andere Bezeichnungen: halber Schritt, Halbschritt, Gleitschritt, Fechtschritt.
Der Step Schritt sind zwei Schritte. Einen Schritt mit dem einen Fuß nach vorn und einen zweiten Schritt im dem anderen Fuß nach vorne.
Ein Auslagenwechsel findet nicht statt. Du bleibst also in der Offensiven – oder in der Defensiven Hut, während Du Dich bewegst. Die Schrittweite ist meistens geringer, als bei einem ganzen Schritt. Während eines Fechtganges bewegst Du Dich meisten in Step Schritten und nutzt diese um auf die Mensurveränderungen des Gegners auszugleichen. Ein geübter Fechter bewegt sich mit Step Schritten genau so schnell, wie mit ganzen Schritte.
Welchen Fuß bewegt man zuerst? Den Vorderen oder den Hinteren?
Wenn Du schnell auf eine Annäherung des Gegners reagieren möchtest und Dich zurückziehst den Vorderen.
Wenn Du den Gegner angreifen möchtest, ohne dass er es merkt den Hinteren.

Kreisschritt
Andere Bezeichnung: Rundschritt
Die Gegner umkreisen einander. Dabei gehen Beide nach rechts, das ist der normale Weg, oder nach links, was schon seltener zu sehen ist.
Wenn ein Gegner anfängt Dich zu umkreisen, dann ist der Kreisschritt die einfachste und beste Möglichkeit Deine relative Position zum Gegner beizubehalten. Dein Gegner muss einen sehr weiten Weg um Dich herum machen, während Du lediglich einen Fuß versetzen musst. Beachte auch: Er geht weiter und Du bleibst stehen: Jetzt kannst Du auf einmal seine Seite erreichen. Er sieht weiterhin nur Deinen Schild.
Die meisten Angreifer gehen zur Schildseite. Warum? Wahrscheinlich, weil das in den Hollywood Filmen immer so gemacht ist. Fragt sich: Was will er da? Er kann nur Deinen Schild angreifen. Gehst Du zur Waffenseite, wenn er auf Deine Schildseite geht, ist er auf einmal offen.
Wie machst Du das?
Nimm Deinen vorderen Fuß als Drehpunkt und drehe um diesen Fuß herum.

Schrittdrehung
Andere Bezeichnung: Halbschrittdrehung.
J. Meyer spricht von „tritt zweifach“.
Die Halbschrittdrehung besteht aus zwei Schritten. Einem ganzen Schritt zur Seite des Gegners und dann einem halben Drehung, so dass Du zur Seite des Gegners stehst.
Du gehst in die Waage rechts links, bzw. Du machst einen Ausfall zur Seite und ziehst dann den anderen Fuß nach. Du verringerst dabei die Mensur nicht so stark, wie bei einem Ausfall, gelangst aber mit einer Bewegung auf die Seite des Gegners. Die Schrittdrehung hat große Ähnlichkeiten mit einem Step Schritt zur Seite.
Ausfall
Der Ausfall findet sich in allen Kampfsystemen.
Für die Selbstverteidigung ist er ein Mittel um das eigene Gewicht zusätzlich als Energie gegen den Gegner zu bringen und die Mensur blitzartig zu verändern. Der erste Aspekt ist im Codex Belli natürlich zu vermeiden. Hier geht es also nur darum eine möglichst große Distanz in kurzer Zeit zu überwinden.
Der Ausfall hat im Codex Belli eine große Ähnlichkeit mit einem schnellen weiten Schritt nach vorne. Ich bin hier nicht so sicher, ob ein Ausfall im Codex Belli wirklich eine eigenständige Bewegung ist oder einfach nur ein Gerader Schritt. Du kannst den Ausfall auch als ersten Teil des Step Schrittes interpretieren (bevor Du das hintere Bein nachziehst). Oder als ersten Teil der Schrittdrehung, bevor Du den hinteren Fuß drehst.
Hier ist nur der Ausfall mit dem vorderen Bein dargestellt. Wenn Du die Mensur stärker verändern möchtest, dann Du den Ausfall natürlich auch mit dem hinteren Bein machen. Das kostet allerdings mehr Zeit – ist also langsamer.
Du machst einen Ausfall, wenn Du den Gegner mit einem schnellen Angriff überraschen möchtest.
Entweder Du machst einen Ausfall und gehst sofort in Deine Ausgangslage zurück, oder Du gehst, weil Dein Gegner zurück gewichen ist mit dem hinteren Bein nach vorne.
Auf jeden Fall ist es zumeist keine gute Idee, wenn ein Fechter nach dem Ausfall einfach stehen bleibt und mit dem Schwert nach dem Gegner stachelt.

Rückfall
Du machst einen Rückfall, wenn Du einem plötzlichen Angriff des Gegners ausweichen möchtest. Am besten wirkt der Rückfall gegen einen Angriff zu den Beinen. Dann kannst Du indes überlaufen.
Bei dem Rückfall ziehst Du das vordere Bein nach hinten, neben oder hinter das andere Bein. Auch in dieser Position bleibst Du natürlich nicht stehen. Je nach Verhalten des Gegners setzt Du den zurückgezogenen Fuß dann nach hinten ab, wenn Du Dich zurück ziehen möchtest, oder wieder nach vorne, wenn Du einen Gegenangriff führen möchtest.
Bei dem hier dargestellten Rückfall ziehst Du das Bein nur bis zu dem hinteren Fuß zurück. Das gibt Dir die Möglichkeit den Fuß sofort wieder nach vorne zu stellen. Natürlich kannst Du den Fuß auch weiter nach hinten ziehen, so dass Du einen Geraden Schritt zurück machst.
In der Linie: Ist das ein guter Weg um Geren auszuweichen, die Deine Oberschenkel angreifen.

Kreuzschritt
Die Kreuzschritte sind Schritte, bei denen die Füße „überkreuzt“ werden. Der eine Fuß tritt also vor den anderen Fuß.
Als Bewegungskonzept sind sie umstritten. Es gibt Fechtsystem, bei denen werden sie überhaupt nicht angewendet (z.B. beim Langen Schwert) es gibt andere Fechtsysteme bei denen werden sie verwendet (z.B. im Rappierfechten).
Im Codex Belli sind sie eine gute Möglichkeit eine größere Strecke zu überwinden, als mit dem Halben Schritt, ohne dabei einen Auslagenwechsel durchzuführen.
Die Nachteile:
Der Stand wird kurzfristig sehr instabil.
Machst Du die Schritte falsch, bleiben Deine Füße aneinander hängen.
Kreuzschritte sind auch dann ideal, wenn Du mit einem Einhandger kämpfst und vor oder zurück gehst. Mit einem Einhandgehr kämpft Du primär in der Offensiven Hut. In dieser Hut möchtest Du auch bleiben, wenn Dich vor- oder rückwärts bewegst.
Diese Form des Gehens sehe ich recht häufig. Ich halte sie für eine der besten Möglichkeiten sich die Beine zu verletzen. Anders gesagt: Ich lehne dieses Form der Fortbewegung ab. Sie ist für den Untergrund auf dem wir uns üblicherweise bewegen einfach zu gefährlich.
